Leipzig (ots) – 1945 – das Jahr zwischen Krieg und Frieden, zwischen Tod und Überleben. Ein Schicksalsjahr für eine ganze Generation. 75 Jahre nach Kriegsende ist dies Anlass für die Landesrundfunkanstalten der ARD, ein großes Gemeinschaftsprojekt auf den Weg zu bringen. Im Fernsehen, im Radio, im Netz, in der Audiothek und in der Mediathek der ARD startet am 22. April um 18.00 Uhr das multimediale Zeitzeugenprojekt „Kinder des Krieges“.
Am 8. Mai vor 75 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Die ARD lässt Zeitzeugen zu Wort kommen, die die letzten Tage erlebten – als Kinder und Jugendliche. MDR-Programmdirektorin Dr. Katja Wildermuth betont die Bedeutung: „Wir haben mit ‚Kinder des Krieges‘ die einmalige Chance, die Kriegsgeneration noch einmal selbst sprechen zu lassen. Um diesen wertvollen Schilderungen gerecht zu werden, haben wir uns mit der Kraft der ganzen ARD übergreifend diesem Projekt verschrieben. Dadurch entstehen nicht nur eine große 90-minütige Dokumentation für Das Erste, sondern auch fünf Hörfunkfeatures, die sich vor allem spezifischen regionalen Sichtweisen auf dieses Thema widmen und in allen Kulturradios der ARD gesendet werden.“
Ab 22. April gibt es in der ARD Mediathek unter anderem die „Originale 45“. Authentische Filmdokumente aus der Zeit von 1945 bis 1946 werden erstmals in voller Länge gezeigt, von der „Wochenschau“ über den „Augenzeugen“ bis hin zu DEFA-Dokumentationen aus der russischen Besatzungszone sowie Aufklärungs- und Lehrfilme aus den Besatzungszonen der West-Alliierten. Sie zeigen die Zustände Deutschlands im unmittelbaren Nachkriegsjahr. Auch hier stehen die Kinder des Krieges im Mittelpunkt.
Als besonderes Highlight präsentieren wir den DEFA-Film „Zwei Deutsche“ von Gitta Nickel aus dem Jahr 1988 – ein Dokument, das ausgehend von zwei ikonischen Kinderfotos aus den letzten Kriegstagen den Lebensweg dieser beiden Kriegskinder in Ost (Hans Henke aus Finsterwalde) und West (Wilhelm Hübner aus Landshut) nachzeichnet.
Am 4. Mai um 20.15 Uhr zeigt Das Erste den Dokumentarfilm „Kinder des Krieges – Deutschland 1945“, der als Gemeinschaftsproduktion aller Landesrundfunkanstalten unter der Federführung des RBB entstanden ist. 75 Jahre nach Kriegsende treffen die Zuschauerinnen und Zuschauer auf jene, die damals Kinder und Jugendliche waren. Heute sind sie hochbetagt und treten oft zum ersten Mal vor eine Kamera, um über ihre Erlebnisse zu berichten. Es sind Menschen, die an der Schuld ihrer Väter und Mütter litten, Kriegswaisen, aber auch Menschen die damals voller Zuversicht auf eine Zeit hofften, die Frieden bringen sollte.
Unter der Federführung des MDR entstand die fünfteilige Hörfunk-Feature-Reihe „Kinder des Krieges – Erinnerungen an die Kindheitstage im Jahre 1945“. Vom Widerstand und den letzten Gefechten an der Saar spannt sich der Bogen bis zu den Fronten Böhmens und der Reichshauptstadt Berlin. Alle Landesrundfunkanstalten der ARD engagierten sich bei der Entstehung der Radiogeschichten, die vom 4. bis 8. Mai jeweils um 9.05 Uhr und 19.05 Uhr bei MDR KULTUR sowie ab 1. Mai in allen anderen Kulturradios und ab 22. April bereits in der Audiothek zu hören sind. Der mit der Komposition für die Feature-Reihe beauftragte 90jährige Jazz-Weltstar Rolf Kühn, der das Kriegsende in Leipzig erlebte, wird am 3. Mai um 12 Uhr im „MDR KULTUR Café“ zu Gast sein.
„Gemeinsam fügt sich so ein Regionen-übergreifendes Gesamtbild zusammen“, erläutert Dr. Katja Wildermuth. Generationenübergreifend wird dabei wörtlich genommen, denn auch in jungen Wellen, wie zum Beispiel bei MDR SPUTNIK, wurden eigene Angebote mit dem Fokus auf einen echten Dialog zwischen der Kriegskindergeneration und heutigen Jugendlichen entwickelt.
Am 5. Mai folgt um 22.05 Uhr im MDR-Fernsehen die Dokumentation „Kinder des Krieges – Mitteldeutschland 1945“. Susanne Köpcke und Jan N. Lorenzen fokussieren sich hier auf die letzten Zeitzeugen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Einer von ihnen ist Manfred Schröter aus Nordhausen. Er muss nur wenige Tage nach dem Bombardement zur Leichen-Identifizierung. Er erinnert sich: „Ja und da lag einer meiner Klassenkameraden, tot auf dem Bürgersteig. Das geht mir immer wieder nahe, wenn ich darüber spreche. Ich habe ihn sofort erkannt an seinem Pullover. Aber er hatte keinen Kopf mehr.“ Da war Manfred Schröter zehn Jahre alt.
Für die „Kinder des Krieges“ – egal, ob in Nordhausen, Magdeburg, Dresden oder Aschersleben – bedeutete das Kriegsende nicht automatisch Erleichterung oder Zuversicht. Aufgewachsen im Geist des Nationalsozialismus, verfolgt oder begünstigt vom System, geprägt von fast sechs Kriegsjahren, sprechen sie über ihre Schrecken, ihre Kindheit, ihre Wendepunkte.
Erstmals findet ein solcher Themenschwerpunkt auf allen Ausspielwegen statt: in den Hörfunkwellen und der ARD Audiothek sowie im Fernsehen und der ARD Mediathek, plus einer intensiven Online-Begleitung.
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