Erfurt (ots) – Für die Bundesgartenschau in Erfurt hat der Historiker Dr. Steffen Raßloff nachgeforscht: Was ist eigentlich geschichtlich betrachtet die Besonderheit einer BUGA in Erfurt? Und warum ist sie genau hier zuhause?
Erfurts sympathischer Beiname Blumenstadt ist zwar noch relativ jung, aber seine Geschichte ist schon seit Jahrhunderten eng mit Pflanzen verbunden. Im Mittelalter gewann man aus dem im fruchtbaren Umland angebauten Waid ein beliebtes Blaufärbemittel. Erfurt gehörte zu den wichtigsten Waidstädten Europas. Das „blaue Gold“ sorgte mit für den Wohlstand der Mittelaltermetropole, die bis heute in der Altstadt um den imposanten Domhügel erlebbar ist.
Auch der Gartenbau spielte schon damals eine wichtige Rolle. Martin Luther, der hier studierte und ins Kloster eintrat, bezeichnete Erfurt gar als „des Heiligen Römischen Reiches Gärtner“. Im 18. Jahrhundert legte Christian Reichart den Grundstein für den modernen Erwerbsgartenbau und im 19. Jahrhundert stieg Erfurt schließlich zur international bekannten Blumenstadt auf. Die großen Gartenbauunternehmen – Haage, Schmidt, Benary, Heinemann, Chrestensen – erlangten um 1900 Weltgeltung.
Der Aufstieg zu einer Metropole des Gartenbaus, die sich im Alten Angerbrunnen selbst ein Denkmal gesetzt hat, war verbunden mit zahlreichen hochkarätigen Gartenbauausstellungen. In deren Tradition stehen der heutige egapark und die Bundesgartenschau 2021. Motor war meist der Gartenbauverein mit den großen Gartenbauunternehmern an der Spitze. Noch in seinem Gründungsjahr 1838 konnte man in „Vogels Garten“, dem heutigen „Stadtgarten“, die erste dieser Schauen sehen, die sogar der preußische König Friedrich Wilhelm III. besuchte.
Ein erster Höhepunkt wurde 1865 mit der „Allgemeinen deutschen Ausstellung von Produkten des Land- und Gartenbaues“ in „Vogels Garten“ erreicht. Sie gilt als eine Art „Ur-Bundesgartenschau“, womit die Buga 2021 an ihren Ursprungsort zurückkehrt. Die Schau wurde als „erste, das ganze Gartenwesen umschließende deutsche Ausstellung“, als „ein wahres Fest der nie alternden Göttin Flora“ gefeiert. Sie fand in Verbindung mit dem 2. Kongress deutscher Gärtner, Botaniker und Gartenfreunde statt und lockte rund 30.000 Besucher und fast 400 Aussteller aus aller Welt nach Erfurt.
1876 fand die „Allgemeine deutsche Gartenbauausstellung“ statt, für die am Rande des Steigers im „Augustapark“ eine Festhalle, großzügige Freiflächen sowie Ausstellungshallen errichtet wurden. Es folgten die „Thüringische Gewerbe- und Industrieausstellung“ 1894 auf dem späteren Stadtpark-Gelände und die „Gartenbauausstellung zu Erfurt“ 1902 auf dem heutigen Gelände der Thüringenhalle.
Nach den beiden Weltkriegen konnte man an die Tradition anknüpfen. Ein wichtiger Meilenstein war die Gartenschau „Erfurt blüht“ 1950 an der Cyriaksburg, dem heutigen Deutschen Gartenbaumuseum – mehr als 550.000 Besucher aus nah und fern wurden in dem 35 ha großen Areal gezählt. Auf Grund des Erfolges dieser Gartenschau und auf Wunsch der Erfurter Bevölkerung beschloss der Rat der Stadt, dieses schöne Gelände als „Dauer-, Lehr- und Blumenschau“ zu unterhalten, das 1953 in „Kulturpark“ umbenannt wurde.
Im Jahr 1955 legte die Samenexport- und Gartenbauausstellung schließlich den Grundstein für die iga Erfurt. Auf dem deutlich erweiterten Gelände startete 1961 die „Internationale Gartenbauausstellung der sozialistischen Länder“. Reinhold Lingner entwarf hier laut Denkmalliste eine der „wenigen künstlerisch unumstrittenen und anspruchsvoll gestalteten Gartenanlagen“ der DDR.
Die iga zählte auf Anhieb 3,5 Millionen Besucher und eroberte Erfurts Stellung als wichtiger Gartenschau-Standort dauerhaft zurück. Am Aufbau waren auch die Erfurter selbst rege beteiligt, woran das Aufbauhelfer-Denkmal (https://www.buga2021.de/pb/buga/home/gartenschau/der+aufbauhelfer) erinnert. Aus der iga ging nach 1990 der egapark hervor. Die Bundesgartenschau 2021 mit den Standorten egapark und Petersberg wird der fast 200-jährigen Historie eindrucksvoller Gartenschauen ein weiteres Kapitel hinzufügen.
(Text: Dr. Steffen Raßloff)
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