Bonn (ots) – Rund 16.000 Jugendliche aus Deutschland nehmen jährlich an einem längerfristigen Schüleraustausch teil. Die Schülerinnen und Schüler leben für drei Monate bis zu einem ganzen Schuljahr in einer Gastfamilie und besuchen vor Ort eine weiterführende Schule. Durch die weltweite Corona-Epidemie fallen die Auslandsaufenthalte für die meisten von ihnen nun anders aus als ursprünglich geplant.
Die gemeinnützige Austauschorganisation Experiment e.V. betreut jährlich mehr als 500 Jugendliche bei ihren Schüleraustausch-Programmen in über 20 verschiedenen Ländern. Für ihre Schützlinge stellte sich in den vergangenen Wochen die Frage: Schnell abreisen oder zusammen mit der Gastfamilie der Corona-Situation trotzen? Etwa 180 Schülerinnen und Schüler beziehungsweise deren Eltern haben sich in der aktuellen Lage für eine vorzeitige Rückkehr entschieden, mehr als 120 möchten ihren Aufenthalt fortsetzen. Trotz veränderter Bedingungen gehen die meisten Jugendlichen souverän mit ihrer Austauscherfahrung um.
Martha Badenhop, 17 Jahre, war vor kurzem noch in den USA. Als Stipendiatin des Parlamentarischen Patenschafts-Programms des Deutschen Bundestages sollte sie ein Schuljahr im Bundesstaat North Carolina verbringen. Am 12. März erfuhr sie, dass ihr Austauschprogramm durch den Stipendiumsträger kurzfristig beendet würde – fünf Tage später saß sie im Flieger zurück nach Deutschland. Ihr Resümee fällt trotzdem positiv aus: „Natürlich wäre ich gerne länger geblieben, aber ich bin vor allem dankbar für die Zeit, die ich in den USA hatte. Zu meinen Highlights zählen meine tolle High School, ein Trip nach Hawaii, meine Gastfamilie und dass ich jetzt fließend Englisch spreche. Meine Gastfamilie werde ich noch einmal besuchen, wenn es wieder möglich ist. Darauf freue ich mich jetzt schon!“
Auch Mariola Mikloweit, 17 Jahre, Austauschschülerin in China, ist direkt von den Auswirkungen der Corona-Epidemie betroffen: „Ich bin seit August in China. Ich wohne zwar nicht in Wuhan, doch auch meine Schule in Zhengzhou hat schon Ende Januar geschlossen und seitdem verbringe ich die Zeit mit meiner Gastfamilie komplett zu Hause. Zusammen mit meinem Gastbruder nehme ich an Online-Unterricht teil und meine Chinesischlehrerin schickt mir wöchentlich Aufgaben per E-Mail. Ich freue mich über jeden Tag, den ich hier verbringen darf, und bin glücklich über meine warmherzige Familie, mit der mich nun noch mehr Erlebnisse verbinden.“
Viele internationale Austausch-Programme, die für die kommenden Monate geplant waren, werden allerdings derzeit abgesagt oder vonseiten der Teilnehmenden storniert. Für den Verein Experiment e.V., der seit über 85 Jahren interkulturelle Begegnungen mit Menschen aus aller Welt organisiert, ist dies eine vollkommen neue Situation. Bettina Wiedmann, Geschäftsführerin von Experiment e.V., bleibt trotz allem zuversichtlich: „Corona stürzt uns als gemeinnützige Organisation definitiv in eine ernsthafte Krise. Doch wir sind überzeugt, dass diese Pandemie ein Ende haben wird und wir gestärkt und mit neuen Perspektiven aus der momentanen Lage hervorgehen werden. Aktuell unternehmen wir gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen im Ausland alles in unserer Macht Stehende für unsere Programmteilnehmenden und unsere Gastfamilien. Gleichzeitig arbeiten wir an neuen digitalen Lösungen und alternativen Plänen für die kommenden Monate. Wenn es so weit ist, werden wir sehen, dass es immer noch wichtig ist, sich über Länder und Kulturen hinweg auszutauschen, internationale Freundschaften zu knüpfen und Neues kennenzulernen. Daran ändert auch Corona nichts.“
Über Experiment e.V.
Das Ziel von Experiment e.V. ist seit über 85 Jahren der Austausch zwischen Menschen aller Kulturen, Religionen und Altersgruppen. Experiment e.V. ist gemeinnützig und das deutsche Mitglied von „The Experiment in International Living“ (EIL). 2019 reisten 2.372 Teilnehmende mit Experiment e.V. ins Ausland und nach Deutschland. Ein Drittel davon erhielt Stipendien. Kooperationspartner sind u.a. das Auswärtige Amt, die Botschaft der USA, das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der Deutsche Bundestag, das Goethe-Institut und die Stiftung Mercator.
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