Frankfurt/M. (ots) Die Zeiten, in denen Unternehmensführung gleichzusetzen mit Anweisungen von oben war, sind vorbei. Worauf es heute ankommt, weiß Top-Expertin Corina Rüther.
Manchmal rennt sie mit dem Kopf gegen die Wand. Nicht, weil sie ungestüm ihren Willen durchsetzen will, sondern weil sich spontan eine Mauer vor ihr aufbaut. „Ich stoße bei meiner Arbeit auch auf Widerstände, ganz klar, aber das fordert mich heraus. Einfach kann ja jeder“, sagt Corina Rüther lächelnd. Sie ist eine von Deutschlands führenden Beraterinnen, wenn es um agiles Arbeiten in kleinen und mittelständischen Unternehmen geht. Ihre Kunden sind die, die Probleme bei der Bewältigung des Wandels haben: den durch die Digitalisierung, durch Globalisierung und durch neue Arbeitsweisen. „Die hierarchische Ordnung, bei der Führung sich durch ‚Command and Control‘ auszeichnete, ist im Umbruch. Das ist für viele Führungskräfte schwer zu akzeptieren, die möchten ihre gewohnte Haltung nicht aufgeben. Was menschlich auch verständlich ist. Dem Mittelstand ging es lange Zeit sehr gut. Doch jetzt wird der Leidensdruck größer, es muss sich etwas verändern“, erklärt die Beraterin.
Change Management lautet dann ihr Auftrag, also Widerstände abbauen, Stolpersteine aus dem Weg kicken und die Haltung zu einer zukunftsgewandten wenden. Das ist der schwierigste Teil. „In nur einem Workshop ist das nicht zu schaffen, das braucht Zeit“ Der „Switch im Kopf“ bezieht sich auch auf Persönlichkeitsstrukturen, die sich gerade bei Top-Manager*innen häufig ähneln: Angst vor Bedeutungslosigkeit, dem wirtschaftlichen und damit gesellschaftlichem Abstieg – Misserfolg passt nicht ins Selbstbild. „Ich bin die Expertin für tote Pferde, von denen man absteigt, um ein neues zu satteln.“ Dazu braucht es Mut zum Chaos, zu Ideen, zum Risiko. Ein Prozess, der für das gesamte Unternehmen am Ende ausgesprochen befruchtend sein kann, aber eben auch Geduld und Zeit braucht.
Der Fisch duftet auch vom Kopf
Zeit, die Unternehmen investieren sollten, damit Veränderung nachhaltig Bestand hat. Corina Rüther hat ein schönes Bild dafür: Anstatt mit einer stumpfen Axt auf Bäume einzuschlagen, solle man erst zurück in die Hütte gehen und sie schärfen. Von vorne anfangen, um das Ziel am Ende zu erreichen. Mit verschiedenen Lernprojekten nähert sich die Hessin mit ihren Klienten elementaren Fragen an. Kann ich mich selbst führen? Kenne ich mich? Was bin ich für eine Führungskraft? „Dazwischen vergehen einige Monate, um das sacken zu lassen. Im letzten Schritt geht es dann darum, wie Mitarbeitende und Teams richtig geführt werden.“ Nämlich weg von „Command and Control“ hin zu dem, was sie selbst ist: ein Coach. „Wenn Führungskräfte ihren Job so gut wie möglich machen, holen sie auch das Beste aus ihren Teams heraus und machen Mitarbeitende zu Mitstreitenden“, lautet Rüthers logische Schlussfolgerung. Das Ziel wird für alle gleich formuliert, bestimmt von Klarheit, richtiger Kommunikation und definierten Rollen.
Gerade die Kommunikation sei enorm wichtig, an der richtigen Vermittlung von Botschaften scheitere es nämlich oft. „Ein E-Mail-Austausch kann schnell eskalieren, das ist aber mit ein paar Regeln vermeidbar“, sagt Rüther. Die Module für ihre Trainings setzen sich aus verschiedenen Programmen zusammen, eines ihrer liebsten ist LEGO® Serious Play®. Richtig gelesen, bunte Plastiksteine für die Erarbeitung von Soft Skills, für Rüther ein hervorragendes Werkzeug. „Wenn jeder den anderen erklärt, was er da gebaut hat, spricht sogar der Introvertierteste“, berichtet sie über ihre Erfahrungen. „Da kommen Dinge heraus, die lange verschüttet waren.“ Zurück zum Anfang, damals im Kinderzimmer.
Purpose – das Zauberwort der Wirtschaft
Der schönste Lohn für ihre Arbeit sei es, wenn der „Switch im Kopf“ geklappt hat und das auch begeistert angenommen wird. „Mir haben schon Menschen gesagt, sie fühlten sich einmal auf links gedreht und wieder zurück, aber das sei genau richtig gewesen. Das freut mich dann sehr, weil da eine Weiterentwicklung spürbar ist.“ Weiterentwicklung ist das richtige Stichwort, denn Corina Rüther hat ihre Arbeit im Detail jetzt auch auf die des übergeordneten Ganzen erweitert: Sie extrahiert mit Unternehmen auch einen Purpose, einen sinnstiftenden Zweck, den alle gemeinsam verfolgen. „Auch die Zeit unserer Art der Wirtschaft und des Wirtschaftens hat sich überholt, wir können nicht immer weiterwachsen und wirtschaften ohne Rücksicht auf Verluste. Der Corporate Purpose ist das Besinnen darauf, wofür ein Unternehmen steht oder stehen will, was es auch an gesellschaftlicher Verantwortung demonstrieren möchte“, erläutert die Beraterin. Der Anspruch steigt diesbezüglich auch bei den Kund*innen, deren Konsumverhalten ebenfalls einem Wandel unterliegt. Wachstum wird sich künftig weniger in Richtung „mehr“, sondern mehr in Richtung „nachhaltig“ entwickeln.
Umbruch? Hurra!
Für Corina Rüther ist der Purpose-Ansatz die Kirsche auf der Sahnehaube: „Wenn wir die Transformation innerhalb des Unternehmens bewältigen und die Belegschaft für die Zukunft aufstellen, ist es ja ein naheliegender Schritt, dies auch nach außen zu tun. Und zwar so, dass es auch wieder nach innen wirkt. Purpose erzeugt Gemeinschaft.“ Er entfalte eine Sogwirkung, die nicht nur die engagiertesten Talente, sondern auch die interessantesten Partner und mutigsten Investoren anziehe. Stakeholder fordern zunehmend nicht-finanzielle Informationen über Unternehmen ein, gut ausgebildete Menschen suchen sich heute ihren Arbeitgeber nicht mehr allein nach dem Gehalt aus. Haltung ist etwas, das Rüther gerne in einem Atemzug mit Purpose nennt. Die stabilisiere die Unternehmenskultur und fördere die Freude an kollektiver Leistung. Das klingt zusammengenommen nach dem richtigen, sogar besseren Weg. „Ich finde auch: Die großen Umbrüche sind keine Wolke, die alles verdunkelt. Wenn wir sie richtig angehen, nutzen sie uns für eine großartige Zukunft.“
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