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Rechtsprechung

Blitzer-Streit: Verfassungsgerichtshof ebnet Weg für bundesweite Entscheidung

Berlin (ots) - Seit der Entscheidung des saarländischen Verfassungsgerichtshofs (VGH) wehren sich viele Betroffene, die von einem Anhänger geblitzt wurden, bundesweit vor Gericht. Jetzt gaben die Koblenzer Richter einer Verfassungsbeschwerde teilweise statt und forderten das Oberlandesgericht Koblenz auf, einen Fall zum Blitzergerät PoliScan FM1 der Firma Vitronic zur einheitlichen Klärung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Ein Fahranfänger und seine Anwälte hatten bemängelt, dass die PoliScan-Messgeräte keine Rohmessdaten speichern. Diese seien zur Überprüfung der Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessungen notwendig. Zudem sollen ihnen die benötigte Messstatistik und die Gebrauchsanweisung nicht zur Einsicht vorgelegt worden sein. Auch hätte das Oberlandesgericht die Sache zur Klärung dem Bundesgerichtshof vorlegen müssen (§ 121 Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes). Dem letzten Punkt stimmte auch der Verfassungsgerichtshof zu und wies den Fall zurück an das Oberlandesgericht. Dieses kann nun den BGH anrufen. Dem betroffenen Verkehrsteilnehmer wurde vorgeworfen auf der Autobahn 34 km/h zu schnell gefahren zu sein. Anschließend sollte er eine Geldbuße von 120 Euro bezahlen und einen Punkt bekommen. Nachdem die Beschwerde des Fahrers vor dem Amtsgericht Wittlich und dem Oberlandesgericht Koblenz erfolglos verlaufen war, legten seine Anwälte eine Verfassungsbeschwerde ein (Aktenzeichen VGH B 19/19). Im Saarland erfolgte bereits eine Entscheidung zur fehlenden Rohmessdatenspeicherung. Der TraffiStar S 350 wird im Saarland nicht mehr eingesetzt. Das OLG Koblenz entschied hingegen, dass die Messungen der Blitzer trotz fehlender Speicherung der Rohmessdaten verwertbar seien. Weitere Geräte stehen in der Kritik. Wie sich die Forderung des Verfassungsgerichtshofs auswirken kann, erklärt die Berliner CODUKA GmbH - Betreiber des Portals www.geblitzt.de - die auf Vorwürfe im Straßenverkehr spezialisiert ist. "Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs ist von enormer Bedeutung für alle Autofahrer, da sie vermutlich den überfälligen...

Private Blitzer-Dienstleister: Beamter strafrechtlich vom OLG Frankfurt verurteilt

Berlin (ots) - Städte und Kommunen dürfen in Hessen keine privaten Dienstleister zur Verkehrsüberwachung einsetzen. Das ist seit dem 6. November 2019 klar (Aktenzeichen 2 Ss-OWi 942/19, OLG Frankfurt am Main, 6.11.2019). Doch jetzt geht das OLG Frankfurt einen Schritt weiter und verurteilt einen Beamten der Stadt Kassel, der das lukrative Geschäft weiter fortführte. Damit zeigen die Frankfurter Oberlandesrichter auf, dass bei Zuwiderhandlung gegen gerichtliche Urteile strafrechtliche Konsequenzen für die verantwortlichen Personen in Hessen drohen. Nach dem Urteil hätte die Zusammenarbeit mit den privaten Dienstleistern eingestellt werden müssen. In Kassel jedoch arbeitete der zuständige Leiter des Ordnungsamtes weiter mit den privaten Firmen. Ein höheres Gehalt war das Ziel und dieses galt es mit den hohen Zahlen von Bußgeldverfahren zu erreichen. Auch der Inhaber der Dienstleistungsfirma sah keinen Grund das Geschäft einzustellen. Der Ordnungsamtleiter unterzeichnete ein blanko Messprotokoll und gab es dem Unternehmen. Dieses konnte das Dokument anschließend beliebig kopieren und für die Messstellen ausfüllen. Damit sah das Protokoll so aus, als habe die Polizei die Messung durchgeführt. Eine Vielzahl von Bußgeldern war die Folge. Blanko-Protokolle als Urkunde Die Firma und der Leiter des Ordnungsamtes wurden wegen Falschbeurkundung im Amt sowie Beihilfe dazu strafrechtlich vom Amtsgericht Kassel verurteilt. Die Berufung vor dem Landgericht Kassel hatte keinen Erfolg. Vielmehr wurde dort das Strafmaß noch erhöht und der Fall ging zum Oberlandesgericht Frankfurt. Dieses bestätigte nun, dass die Angeklagten versucht hätten gesetzeswidrigen Verkehrsmessungen durch eine schriftliche Lüge sowie ein Falschbeurkundung zu verschleiern (Beschl. v. 2.1.2020, Az.: 2 Ss 40/19). Das Gericht setzte sich mit der Frage auseinander, ob es sich bei den Messprotokollen um eine öffentliche Urkunde handele. Die Antwort der Frankfurter Richter ist Ja. Denn...

Ausgerechnet daheim / Wo kaum jemand mit Unfällen rechnet und sie trotzdem oft vorkommen

Berlin (ots) - In den eigenen vier Wänden fühlen sich die meisten Menschen sicher und geschützt. Doch hier kommt es öfter zu Unfällen, als man gemeinhin denkt - sei es im Privatleben oder im Home-Office. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS stellt in seiner Extra-Ausgabe einige Fälle vor, die vor Gericht entschieden werden mussten. Die Spanne reicht vom Rosenschneiden im Garten bis zum Sturz auf dem Weg zwischen dem privaten Wohnzimmer und dem beruflich genutzten Arbeitszimmer. Wer sich beim Benutzen eines Treppenhauses verletzt, weil er auf einer der frisch gewischten Stufen ausgerutscht ist, der hat nicht automatisch Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Es kommt nach Ansicht des Oberlandesgerichts Bamberg (Aktenzeichen 6 U 5/13) stark darauf an, ob für den Betroffenen gut erkennbar war, dass er einen nassen, spiegelglatten Boden betritt. Ist das der Fall, dann liegt keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Reinigungsfirma vor. Andernfalls muss mit Schildern oder Absperrungen zwingend gewarnt werden. Die Verletzte hatte wegen eines Trümmerbruchs ihres Handgelenks 10.000 Euro gefordert. Vergebens, wie das Urteil ergab. Ein dramatischer Fall eines häuslichen Unfalls ereignete sich in Nordrhein-Westfalen. Dort wachte eine Frau mitten in der Nacht auf, weil ihr übel war. Sie war offensichtlich sehr benommen, denn als sie zum Lüften das Schlafzimmerfenster öffnen wollte, stürzte sie aus dem Fenster und verletzte sich schwer. Anschließend begehrte sie Leistungen aus ihrer Unfallversicherung. Doch das Oberlandesgericht Düsseldorf (Aktenzeichen I-4 U 218/11) schloss sich der Rechtsmeinung der Assekuranz an, dass es sich hier um einen durch eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung ausgelösten Unfall gehandelt habe, der vertraglich ausgeschlossen gewesen sei. Noch verheerender ging ein Unfall aus, der auf die scheinbar...

Sonderbehandlung im Abgasskandal: Ist Deutschland eine Bananenrepublik? OLG Braunschweig hat als einziges Gericht noch nie zugunsten der Verbraucher entschieden

Köln (ots) - In Deutschland wird im Abgasskandal überwiegend gegen den VW-Konzern gewonnen. Eine Ausnahme ist das Oberlandesgericht Braunschweig, am Sitz von VW. Ist das Zufall oder ein grundlegendes Problem in unserem Rechtsstaat? Insgesamt wurden in Deutschland bisher über 200.000 Klagen gegen VW und seine Händler eingereicht. Zuständig sind dafür 638 Amtsgerichte, 115 Landgerichte, 24 Oberlandesgerichte und der Bundesgerichtshof. An über 90 Prozent der Gerichte endeten die Verfahren gegen VW für Betroffene mit einem positiven Ergebnis. Anders ist dies am Sitz des Autobauers in Braunschweig. Dort wurden rund 10.000 Klagen eingereicht, von denen bisher keine zugunsten der Verbraucher entschieden wurde. Da stellt sich die Frage, ob nach dem Dieselskandal nun ein Justizskandal folgt. Viele Ungereimtheiten im Abgasskandal Schaut man sich die folgenden Faktoren im Abgasskandal an, bestätigt sich immer häufiger der Verdacht, dass der Abgasskandal in Deutschland nicht sachlich behandelt wird: 1. Das Kraftfahrtbundesamt hängt von Beginn an bei der Aufklärung des Abgasskandals massiv hinterher und lässt leider nicht auf baldige Erkenntnisse hoffen. 2. Das Bundesland Niedersachsen ist zu knapp zwölf Prozent an VW beteiligt. VW zählt weltweit zu den größten Unternehmen und beschäftigt allein in Deutschland über 200.000 Mitarbeiter. Ist da eine Neutralität vor Gericht überhaupt möglich? 3. Der massenhafte Abgasbetrug wurde VW bereits mehrfach in den USA und anderen Ländern nachgewiesen. Bereits tausende Kunden bekamen ihre Schäden in Sammel- und Massenverfahren im Ausland ersetzt, nur in Deutschland lässt die Musterklage noch auf einen positiven Ausgang warten. 4. Statt einer echten Sammelklage, wie in vielen anderen Ländern, wurde hierzulande Ende 2018 die Musterfeststellungsklage eingeführt. Diese wurde erst kurz vor der drohenden Verjährung vieler Ansprüche gegen VW eingeführt und wird voraussichtlich drei bis vier Jahre...
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