Detmold (ots) – Am Anfang stand nur eine kühne Idee in einer kalten
Gewitternacht: Heranwachsende hinaus aus den Großstädten bringen und ihnen auf
lebendige Art und Weise die Natur und all ihre Wunder vermitteln, abseits des
strengen Schulalltags – und zwar auch über mehrere Tage und mit sicheren
Übernachtungsmöglichkeiten. Nachdem der Lehrer Richard Schirrmann mit seinen
Schülern im Rahmen einer längeren Wanderung in ein Unwetter geriet und nur mit
Glück notdürftigen Unterschlupf in einem lehrstehenden Schulgebäude fand,
erdachte der Pädagoge am 26. August 1909 den Begriff, mit dem so viele Menschen
heute persönliche Erinnerungen verbinden: Jugendherberge. Im Laufe der
Jahrzehnte ist aus dieser kühnen Idee eine echte Erfolgsgeschichte geworden und
das Deutsche Jugendherbergswerk (DJH) zählt heute, im 111. Entstehungsjahr der
Jugendherbergsidee, mit annähernd 2,5 Millionen Mitgliedern zu den
mitgliederstärksten Vereinen in Deutschland. In rund 450 Häusern sind die Ideale
dieser einmaligen Idee nach wie vor Teil des gelebten Gemeinschaftssinnes:
Toleranz, Weltoffenheit, Inklusion, Umwelt- und Naturschutz werden heute auf
facettenreiche und kreative Art und Weise umgesetzt.
Trotz seiner 111 Jahre gehört der Jugendherbergsspirit damit also nicht zum
alten Eisen – im Gegenteil. Hätte sich Richard Schirrmann nach der offiziellen
Eröffnung der ersten Jugendherberge auf der Burg Altena im Sommer 1914 einmal
vorstellen können, welchen weltumspannenden Gedanken er da ins Leben gerufen
hatte? So überwand die Jugendherbergsidee schnell die Grenzen ihres
Geburtslandes und begeistert heute Menschen in aller Welt: 2020 gibt es über
4000 Jugendherbergen in über 90 Ländern. Als weltweit größter Verband
unterstützt das DJH seit Jahrzehnten die Gründung neuer Herbergsdachverbände auf
der ganzen Erde und steht den Freunden der Jugendherbergsidee mit Rat und Tat
zur Seite. Mit seinen Internationalen Jugendbegegnungen fördert der
gemeinnützige Verband außerdem den kulturellen und sozialen Austausch junger
Menschen rund um den Globus.
Auf das Mutterland der Jugendherberge bezogen hat sich in den vergangenen 111
Jahren aber auch eine Menge verändert: Quietschende Stockbetten, kratzige
Wolldecken und strikte Nachtruhe vor Sonnenuntergang gehören heute natürlich der
Vergangenheit an und auch in anderen Bereichen haben sich die
DJH-Jugendherbergen zukunftsorientiert gewandelt:
Anreise: Möglichst nachhaltig bitte
In den Anfangsjahren erklärte sich die Anreise zu einer Jugendherberge quasi von
selbst, denn schließlich hat die Jugendherbergsidee ihre Wurzeln in der
Wanderbewegung. Deshalb hieß es deutschlandweit jahrzehntelang: Ab in die
Stiefel, Rucksack packen und los geht’s! Bis Ende der 1950er Jahre war bei der
Anreise die eigene Muskelkraft gefragt: per pedes, mit dem Fahrrad oder (bei
Jugendherbergen, die am Wasser lagen) mit dem Boot. „Motorisierte Wanderer“
waren hingegen überhaupt nicht gerne gesehen. Im Laufe der Jahre, natürlich auch
vor dem Hintergrund der zunehmenden Motorisierung, spielte der Reisebus eine
immer größere Rolle bei Klassenfahrten oder Gruppenausflügen in eine
Jugendherberge. Viele Gäste fragen heute nach Parkmöglichkeiten für ihren PKW –
diese Frage wird oft verneint, denn das DJH möchte seine Gäste weiter dazu
motivieren, die Anreise möglichst klimafreundlich zu gestalten: So erhalten
DJH-Mitglieder beispielsweise vergünstigte Bahnfahrkarten. Natürlich ist für
größere Gruppen, wie etwa Schulklassen, aber natürlich die Anreise mit dem Bus
immer möglich – wenn auch vielleicht nicht immer direkt vor die Eingangstür der
Herberge.
Verpflegung: Abwechslung statt Einheitsbrei
Gut und einfach: So lässt sich die Jugendherbergsküche in vergangenen Zeiten
wohl sehr treffend beschreiben. Ganz normal war es in der Gründungszeit auch,
dass die Speisen mit den Gästen gemeinsam zubereitet wurden beziehungsweise in
der Küche kräftig mit angepackt werden musste, damit es eine warme Mahlzeit auf
den Teller oder in den Henkelmann gab – auch, um den Gemeinschaftssinn zu
fördern. Deshalb räumen die Gäste in Jugendherbergen ihr Geschirr nach der
Mahlzeit auch noch immer selbst ab oder beziehen eigenständig ihre Betten. In
puncto Verpflegung muss heute aber natürlich kein Gast mehr selbst Kartoffeln
schälen oder Zwiebeln schneiden und auch die Auswahl auf der Speisekarte hat
nichts mehr mit vergangenen Zeiten zu tun: Hier ist für jeden Geschmack etwas
dabei und auch auf Allergien, Unverträglichkeiten und Verpflegungswünsche wird
gerne eingegangen. Viele Jugendherbergen bieten außerdem einen Veggie-Day an,
unterstützen Lieferanten und Erzeuger aus ihrer Region oder warten mit echten
Highlights auf: Küchen-Speeddatings, eine Sushi-Bar, ein echter Sternekoch
hinter dem Herd, Familienkochkurse, Fastenwandern, Ernährungsführerschein oder
Kräuterkunde sind hier nur einige Beispiele. Übrigens: Den Hagebuttentee gibt es
natürlich noch immer, aber daneben auch unzählige andere Sorten – sowie Bars und
Bistros, zum Beispiel mit ausgefallenen Kaffeevariationen oder Cocktails.
Anzahl der Jugendherbergen: Geschrumpft aus gutem Grund
Über 2.300 Jugendherbergen gab es Ende der 1920er Jahre in Deutschland. Wobei
man hier klar festhalten muss: Mit heutigen Jugendherbergen hatten diese
„Behelfsunterbringungen“ nicht wirklich viel zu tun, denn oftmals handelte es
sich um bloße Strohlager, etwa in Dorfschulen, die in den Ferien als Herbergen
zur Verfügung gestellt wurden. Heute zählen noch rund 450 Häuser zum Netz der
Jugendherbergen in Deutschland. Nachlassendes Interesse? Sinkende
Übernachtungszahlen? Nein, die Gründe für die stetig sinkende Zahl an Häusern
liegen vielmehr in einer gesellschaftlichen Entwicklung begründet. Früher war es
das Ziel, jede Jugendherberge in einem Tagesmarsch erreichen zu können, denn
Wandern war quasi Volkssport Nummer 1 und auch die Jugend war in Vereinen und
Gruppen organisiert, um das Land „auf Schusters Rappen“ zu entdecken. Im Laufe
der Jahre nahm die Wanderbegeisterung allerdings stetig ab und dementsprechend
wurden viele Jugendherbergen auch wieder geschlossen beziehungsweise nicht mehr
benötigt – an der Begeisterung der Menschen für die Jugendherberge an sich hat
diese Entwicklung aber nichts geändert: Jährlich werden in den
DJH-Jugendherbergen rund 10 Millionen Übernachtungen realisiert und auch die
Zahl der DJH-Mitgliedschaften nimmt stetig zu.
Herbergsleiter: Hier ist viel Herzblut im Spiel
Die Herbergseltern sind das Herz und die Seele einer jeden Jugendherberge –
daran hat sich in den vergangenen 111 Jahren nichts geändert. Allerdings heißen
die Herbergseltern heute auch oft Herbergsleitungen und auch sonst sind ein paar
Dinge anders, als noch in den Anfangsjahren: So mussten Herbergseltern früher
beispielsweise auf jeden Fall verheiratet sein, ihren Wohnsitz in das jeweilige
Haus verlegen oder mindestens ein Instrument spielen können. So „streng“ werden
die heutigen Jobvorraussetzungen natürlich nicht mehr gehandelt. Die
Herbergsleitungen kommen aus den unterschiedlichsten Berufsrichtungen, waren
Lehrer, Piloten, Großhandelskaufleute oder sogar Moderatorinnen im
Musikfernsehen. Eines aber haben alle gemeinsam: Sie machen ihren Job aus
Überzeugung und sorgen dafür, dass die Jugendherbergsidee auch 111 Jahre nach
ihrer Entstehung noch immer täglich mit Leben gefüllt wird.
Aktivitäten und Programme: Das DJH steht zu seinen Werten
Ein Ziel der Schirrmann´schen Idee der Jugendherberge war es, jungen Menschen
einerseits eine einfache und günstige Übernachtungsmöglichkeit zu ermöglichen,
wenn diese auf dem Weg durch Wald und Flur waren – und andererseits eben genau
diese Umgebung auch zu erklären sowie ein Bewusstsein zu schaffen für die Natur,
die Tiere und die Pflanzen. Diesen Bildungsauftrag nehmen die Jugendherbergen,
genauso wie die übrigen Leitideen Toleranz, Völkerverständigung und
Weltoffenheit, auch 111 Jahre später noch sehr ernst. Heute haben die rund 450
Häuser des Deutschen Jugendherbergswerkes aber natürlich viel mehr Aktivitäten
anzubieten, als die klassische Umweltbildung. Über 2000 verschiedene Programme
und Angebote können Gäste heute in Jugendherbergen erleben – egal ob im Bereich
Kultur, Sport, Umwelt, Ernährung oder Musik. So gibt es zum Beispiel
Jugendherbergen mit einer eigenen Segelschule, einem Tonstudio, einem Zirkuszelt
oder einem Baumwipfelpfad. Heute haben sich Jugendherbergen zudem auf ganz
unterschiedliche Schwerpunkte spezialisiert, darunter Familien, Sportgruppen,
Chöre, oder internationale Backpacker: und natürlich ist auch 2020 immer noch
jede DJH-Jugendherberge für Klassenfahrten und Kinder- und Jugendfreizeiten
geeignet.
Pressekontakt:
Justin Blum
Kommunikation
Die Jugendherbergen
Deutsches Jugendherbergswerk
Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V.
Leonardo-da-Vinci-Weg 1
32760 Detmold
Tel.: +49 5231 7401 404
E-Mail: justin.blum@jugendherberge.de
www.111-jahre.jugendherberge.de
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