Pressemitteilung

ADHS bei Erwachsenen – Mit dem Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom gut leben lernen

München (ots) – Viele denken, dass Aufmerksamkeitsstörungen spätestens mit der
körperlichen Reife von alleine verschwinden. Doch ADHS geht nicht unbedingt mit
dem Alter. Es sind rund drei Prozent der Deutschen ab 18 Jahren von ADHS
betroffen. Zwar können Symptome schon im Kindesalter aufgetreten sein, doch wenn
damals nicht die Diagnose gestellt wurde, steht das für betroffene Erwachsene
an. Je eher, je besser, denn ADHS ist für Menschen ab 18 Jahren gut behandelbar:
Es gibt inzwischen geeignete Leitlinien sowie Behandlungsmöglichkeiten und
Medikamente speziell für Erwachsene. Damit kann der Alltag mit fast der gleichen
Lebensqualität gemeistert werden. Ohne Unterstützung wird das Leben jedoch
schwierig.

Ein Beispiel

Tom K. ist 43 Jahre alt. Als Kind war er unbeliebt, die Lehrer kamen selten mit
ihm zurecht. Er galt als hoch musikalisch und mit einem sehr guten Gedächtnis
gesegnet. Als Erwachsener lenkt ihn am Arbeitsplatz jede Kleinigkeit ab, wenn er
nicht für sich sein kann. Die anderen nennen ihn liebevoll „Schussel“ oder
„zerstreuter Professor“, denn er vergisst ständig Termine oder sucht seine
Schlüssel. Ungeduldig und mit Flüchtigkeitsfehlern erledigt er seine Aufgaben.
Dummerweise klinkt er sich manchmal auch bei wichtigen Besprechungen innerlich
aus und verpasst damit notwendige Anweisungen. Nur Kaffee- oder Colakonsum in
hohem Maße macht ihn erstaunlicherweise ruhig. Seine Ehefrau weiß ganz genau,
für was er sich interessiert: Spannende Themen verfolgt er intensiv, bei allem
anderen ist er rasch mit den Gedanken irgendwo, bloß nicht bei der Sache. Sie
liebt an ihm seine Begeisterungsfähigkeit und die originellen Ideen. Zugleich
frustriert sie seine emotionale Absturzfähigkeit wegen – in ihren Augen –
Kleinigkeiten zutiefst.

Tom geht zum Arzt, findet Dank ihm einen Experten für ADHS bei Erwachsenen. Seit
Tom die Ursachen seines Verhaltens versteht, geht es ihm schon besser. Stetig
geholfen hat ihm die begleitende Verhaltenstherapie, damit er seinen Alltag
besser bewältigen kann. Der Kurs zu progressiver Muskelentspannung nach Edmund
Jacobson hilft ihm, Distanz zu seinen eigenen Gefühlen zu entwickeln. Damit wird
er Stress-resistenter und wird von seinen eigenen Emotionen nicht mehr so
gebeutelt. Seine Frau und er sind im Umgang miteinander wieder viel entspannter.
Mit dem Chef konnte er auf der Arbeit einen neuen Einzel-Arbeitsplatz
durchsetzen und hat für sich Selbstorganisationsregeln gefunden, damit er
aufmerksamer bei der Sache sein kann.

Wie äußert sich eine ADHS bei Erwachsenen?

Die zentralen Symptome einer ADHS sind bei Erwachsenen die gleichen wie bei
Kindern und Jugendlichen: Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität.
Desorganisiertes Verhalten, starke Gefühlsschwankungen, mangelnde Kontrolle von
Gefühlen gehören mit zum Spektrum. Die schönen Seiten davon sind
überdurchschnittliche Intelligenz, Kreativität, Neugierde, rasche
Auffassungsgabe und extrem hohe Motivationsfähigkeit. Allerdings sind die
Symptome bei Erwachsenen oft vielfältiger und anders ausgeprägt als bei Kindern,
so dass die Störung schwerer zu erkennen ist. So geht die Hyperaktivität mit
zunehmendem Alter häufig zurück oder zeigt sich nicht mehr so deutlich.
Weiterhin können die Symptome von Person zu Person sehr unterschiedlich sein. So
steht bei manchen Betroffenen die Unaufmerksamkeit im Vordergrund. Bei anderen
ist es eher die Hyperaktivität und Impulsivität, wieder andere Betroffene
erleben alle drei Kernsymptome etwa gleich stark ausgeprägt. Ein wesentliches
Merkmal einer ADHS ist, dass die Symptome zu deutlichen Beeinträchtigungen in
mehreren Lebensbereichen führen: Im Privatleben, in der Ausbildung oder im
Berufsleben. Dadurch sinkt trotz Begabung oft das eigene Selbstwertgefühl. Viele
Menschen mit einer ADHS haben weitere psychische Erkrankungen: Depressionen,
Suchtprobleme, Angst- und Schlafstörungen.

Wie wird die Diagnose einer ADHS bei Erwachsenen gestellt?

Wer vermutet, an einer ADHS zu leiden, sollte sich zur diagnostischen Abklärung
an einen erfahrenen Experten wenden. Um vorschnellen und fehlerhaften
ADHS-Diagnosen vorzubeugen, ist die Erfahrung des Diagnostikers mit erwachsenen
ADHS Patienten von großer Bedeutung. Geeignete Ansprechpartner sind ärztliche
oder psychologische Psychotherapeuten sowie Fachärzte für Psychiatrie und
Psychotherapie, für psychosomatische Medizin oder für Neurologie. Außerdem gibt
es Spezialambulanzen für Erwachsene mit ADHS. Die Diagnostik wird in der Regel
ambulant durchgeführt. Ein ADHS Selbstbeurteilungsbogen wird ausgefüllt. Weitere
Erkrankungsfelder oder mögliche Störungen werden mitgeprüft. Ein Rückblick in
die Kindheit und Jugend ist unbedingt erforderlich. Selbst wenn es damals
keinerlei Diagnostik gab, ist dies rückblickend beispielsweise mit der
Wender-Utah-Rating-Scale möglich.

Wie wird eine ADHS bei Erwachsenen behandelt?

Die Behandlung erfolgt je nach Vorgeschichte und aktuellen Symptomen zumeist
ambulant mittels multimodaler Therapie: Eine Kombination von Psychotherapie,
Maßnahmen der Aufklärung (Psychoedukation) und gegebenenfalls Medikamenten wird
im Zusammenspiel von spezialisierten Ärzten sowie Therapeuten und Patient
festgesetzt. Vor allem der Leidensdruck des Alltags spielt in der Einschätzung
eine große Rolle. Ziel der Therapie ist es, die ADHS-Symptome zu verringern,
Probleme im Alltag und in Beziehungen zu reduzieren und so auch das
Selbstwertgefühl des Patienten zu stärken. Gleichzeitig sollen weitere
psychische Störungen wie Depressionen, Ängste oder eine Suchtproblematik
verringert werden. Bei der Therapie ist eine aktive Mitarbeit des Patienten
wichtig. Er soll lernen, selbst Verantwortung für sein psychisches Wohlbefinden
zu übernehmen und aktiv an Veränderungen mitzuarbeiten. Die Einführung von
Routinen (gleicher Ort für Dinge) und Selbstorganisation von Aufgaben und
Terminen (sichtbare Zettel an einer Stelle oder eine zentrale App) stabilisiert
den Alltag. Die Schaffung von ruhigem Arbeitsumfeld in Beruf und zuhause wird
die Konzentration fördern.

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Ulrike Propach
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